Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Künstlers Abendlied
Ach, daß die inn’re Schöpfungskraft
Durch meinen Sinn erschölle!
Daß eine Bildung voller Saft
Aus meinen Fingern quölle!
Ich zittre nur, ich stottre nur Und kann es doch nicht lassen; Ich fühl‘, ich kenne dich, Natur, Und so muß ich dich fassen.
Bedenk‘ ich dann, wie manches Jahr Sich schon mein Sinn erschließet, Wie er, wo dürre Heide war, Nun Freudenquell genießet:
Wie sehn‘ ich mich, Natur, nach dir, Dich treu und lieb zu fühlen! Ein lust’ger Springbrunn, wirst du mir Aus tausend Röhren spielen.
Wirst alle meine Kräfte mir In meinem Sinn erheitern, Und dieses enge Dasein hier Zur Ewigkeit erweitern.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)